In Fachkreisen sind automatisierte Fahrzeuge seit einigen Jahren ein vieldiskutiertes und zukunftsträchtiges Thema. Dementsprechend wird in zahlreichen nationalen und internationalen Fachgremien intensiv daran gearbeitet, die sichere Verwendung solcher Fahrzeuge im Strassenverkehr nicht nur zu ermöglichen, sondern möglichst auch zu gewährleisten.
In der Öffentlichkeit werden diese Arbeiten kaum zur Kenntnis genommen. Dies wohl deshalb, weil sie von den Medien für das breite Publikum als zu wenig interessant erachtet werden[1]. Stattdessen stehen in den Medien zum Thema des automatisierten Fahrens eher spekulative Betrachtungen im Vordergrund.
So wird teilweise eine eher futuristische – oder gar eschatologische – Haltung eingenommen, die im automatisierten Fahrzeug den Vorboten einer voranschreitenden Ersetzung des Menschen durch Maschinen erkennt. Dies, weil angeblich «selbstfahrende» Fahrzeuge unter Nutzung «künstlicher» Intelligenz[2] eine hoch entwickelte Verbindung von Hardware und Software zur Steuerung von Fahrzeugen einsetzen und Autolenker überflüssig machen. Diese Betrachtungsweise wird vor allem von zwei Faktoren befördert:
Solche viel zu optimistischen Marketingversprechen über die technischen Fähigkeiten automatisierter Fahrzeuge und zweifelhafte begriffliche Analogien zwischen Mensch und Maschine tragen dazu bei, dass in den Medien das automatisierte Fahren oftmals verzerrt und wenig realistisch dargestellt wird.
So wird kaum darüber informiert, was sogenannte «selbstfahrende» Fahrzeuge tatsächlich technisch können und was sie rechtlich dürfen, sondern es wird mit Vorliebe über mögliche Unfallszenarien und deren Folgen spekuliert. Im Zentrum steht dabei typischerweise die Frage, ob ein «selbstfahrendes» Auto auf dem Fussgängerstreifen, den Erstklässler oder den pensionierten Senior überfahren soll, falls ein rechtzeitiges Anhalten nicht mehr möglich ist. Dabei liegt der Fokus meist auf einer ethischen Perspektive.
Was ist von solchen medialen Beiträgen zu halten und inwieweit tragen sie zum besseren gesellschaftlichen Verständnis von Vor- und Nachteilen des automatisierten Fahrens bei? Die Antwort auf diese Frage mag sich aus den nachstehenden Feststellungen und Bemerkungen erschliessen:
Dies ist allerdings kein Novum. Unsere Gesellschaft akzeptiert nolens volens seit langem, dass beispielsweise bei Flugzeugabstürzen ein selbstmörderischer Pilot für die in den Tod mitgerissenen Passagiere nicht zur Verantwortung gezogen werden kann.
Unfalltote ohne strafrechtliche Sanktion sind in sehr seltenen Situationen nicht zu vermeiden. Jede Technologie birgt gewisse Risiken, was auch für das automatisierte Fahren gilt. Wer idealistisch hohe Anforderungen und Erwartungen an automatisierte Fahrzeuge stellt, läuft daher Gefahr, den «Zug in die Zukunft» des automatisierten Fahrens zu verpassen.
[1] Die Annahme, dass das Publikum sich nicht für die Sicherheit von Motorfahrzeugen interessieren dürfte, erscheint allerdings zweifelhaft, da Strassenverkehrsunfälle praktisch täglich Gegenstand medialer Berichterstattung sind.
[2] Der Frage, wie sinnvoll dieser Begriff überhaupt ist, wird an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen.
[3] Je nach den Umständen werden diese menschlichen Qualitäten bei sogenannt «intelligenten» Systemen als nur «emuliert» oder «simuliert» verstanden.
1 Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht, so haftet der Halter für den Schaden.
2 Wird ein Verkehrsunfall durch ein nicht in Betrieb befindliches Motorfahrzeug veranlasst, so haftet der Halter, wenn der Geschädigte beweist, dass den Halter oder Personen, für die er verantwortlich ist, ein Verschulden trifft oder dass fehlerhafte Beschaffenheit des Motorfahrzeuges mitgewirkt hat.
3 Der Halter haftet nach Ermessen des Richters auch für Schäden infolge der Hilfeleistung nach Unfällen seines Motorfahrzeuges, sofern er für den Unfall haftbar ist oder die Hilfe ihm selbst oder den Insassen seines Fahrzeuges geleistet wurde.
4 Für das Verschulden des Fahrzeugführers und mitwirkender Hilfspersonen ist der Halter wie für eigenes Verschulden verantwortlich.
Die Blogbeiträge dieser Serie bieten eine interdisziplinäre Betrachtung der aktuellen KI-Entwicklung aus technischer und geisteswissenschaftlicher Perspektive. Sie sind das Ergebnis eines wiederkehrenden Austauschs und der Zusammenarbeit mit Thomas Probst, emeritierter Professor für Recht und Technologie (UNIFR), sowie SATW-Mitglied Roger Abächerli, Dozent für Medizinaltechnik (HSLU). Mit diesen monatlichen Beiträgen streben wir eine sachlich neutrale Analyse der wesentlichen Fragen an, die sich im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI-Systemen in verschiedenen Anwendungsbereichen ergeben. Unser Ziel ist es, einzelne Aspekte des KI-Themas verständlich und fachlich fundiert zu erläutern, ohne dabei zu technisch ins Detail zu gehen.