KI – Freund und Helfer in Zeiten des Klimawandels?

Energie und Umwelt Künstliche Intelligenz 22:18

Neue White-Paper-Studie der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW.

Foto von Arbeitsgruppe zum Whitepaper mit Logo der SATW in der Mitte

Der Klimawandel und seine Auswirklungen stellen unsere Gesellschaft, Staat und Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Es geht unter anderem darum, die Strategien zur Netto-Null-Emission umzusetzen, widerstandsfähiger gegenüber Klimarisiken zu werden und sich mit neuen regulatorischen Massnahmen zurechtzufinden. Wir sind aber auch Zeugen einer rasanten Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) und einer gleichzeitigen Erosion der Kosten für Satelliten in erdnaher Umlaufbahn. Beides zusammen macht Echtzeit-Erdbeobachtungen heute viel leichter interpretierbar und erschwinglicher als noch vor Kurzem.

Wie können wir diese und andere technologische Disruptionen nutzen, um den neuen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen? Die Whitepaper-Studie der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW zielt genau auf solche Fragen ab: Sie untersucht die Chancen und Herausforderungen des Einsatzes von KI zur Milderung der Risiken und regulatorischen Auswirkungen des Klimawandels im Rahmen eines Klimanetzwerks. Was jetzt schon klar ist: Es braucht umfassende Aufklärung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Schaffung neuer Infrastrukturen und Regeln, um KI-Technologien effektiv sowie ethisch und rechtlich vertretbar einzusetzen.

Das Ziel der SATW-Studie ist es, den aktuellen Stand, den Handlungsbedarf und die Möglichkeiten zu identifizieren und daraus Handlungsempfehlungen für Entscheidungsträger:innen abzuleiten. Dabei sind Stakeholder aus Regierung, Industrie und Hochschulen aufgerufen, zur Entwicklung von Lösungen beizutragen.

Zum Kick-Off der Studie am 15.6.2023 trafen sich rund 50 Fachpersonen aus den Akademien, Verwaltung und Industrie auf dem Campus von IBM Research Europe – Zurich.

In den Vorträgen und Arbeitsgruppen des Workshops wurden die zentralen Herausforderungen diskutiert:

  • die Entdeckung und Zugänglichkeit von Daten
  • skalierbares maschinelles Lernen
  • Verfügbarkeit von relevanten Dienstleistungen, und
  • verantwortungsbewusste und inklusive KI.

Des Weiteren wurden mögliche Enabler Cluster wie Geo- & Klima-ICT Infrastruktur, Community & Interaction Policy sowie Anwendungsfälle als Katalysatoren erörtert.

Alessandro Curioni von IBM Research verwies in seinem Einführungsvortrag auf die tragende Rolle von Spitzentechnologie bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen. Nachhaltigkeit sei nicht länger nur eine gesellschaftliche und ökologische Notwendigkeit, sondern auch aus unternehmerischer Sicht ein Imperativ.

Kapazitäten der Wetterbeobachtung ausbauen

Zum Auftakt erläuterte James Douris, wie die World Meteorological Organization (WMO) sowohl die Hardware (Satelliten und Sensoren zur Erdbeobachtung) als auch die digitalen Plattformen zum Datenaustausch und ein globales Frühwarnsystem für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitgliedstaaten bereitstellt.

 

Umgang mit Klimadaten, Risiken und Chancen

Im darauffolgenden Vortrag tauchte Olivia Ramppoinen-Martius von der Universität Bern ins Thema Risikomodellierung und KI ein. Sie wies auf die Chancen hin, die aus den aktuell rasant ansteigenden Mengen an Erdbeobachtungsdaten hervorgehen. Gleichzeitig warnte sie vor den Herausforderungen: unter anderem unvollständige, ungeeignete oder unzugängliche Datensätze einerseits, undurchsichtige Modelle ohne Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse andererseits. Zudem sprach sie die Schwierigkeit an, exponentiell wachsende Datensätze zu verarbeiten und zu speichern.

 

Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen prüfen

Anschliessend berichtete Markus Leippold von der Universität Zürich über die Entwicklung und den Einsatz von auf Klimawissenschaft spezialisierten Chatbots. Tools wie ChatClimate können unter Einbezug der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse Benutzerfragen zum Thema Klimawandel kompetent beantworten. Andere Tools wie ClimateBert und GreenwatchAI können für mehr Transparenz im ESG-Reporting sorgen, indem sie die Behauptungen von Unternehmen mit tatsächlichen nachhaltigkeitsfördernden Massnahmen abgleichen. So können Regierungen Greenwashing leichter erkennen.

 

Trends und Möglichkeiten für Erdbeobachtungsdaten

Jennifer Susan Adams von der Universität Zürich stellte in ihrem Vortrag konkrete Beispiele für die Konvergenz von Erdbeobachtung und digitalen Technologien wie KI in gross angelegten internationalen Projekten der NASA und der Europäischen Raumfahrtagentur ESA vor. Die Forscherin blickt optimistisch in die Zukunft angesichts der erfreulichen Entwicklungen im Satellitenmarkt sowie des parallelen Aufbaus neuer Rechenkapazitäten. Sie bemerkte aber auch, dass mehr Daten und leistungsfähigere Computer allein nicht automatisch zu besseren Lösungen führen werden. Herausforderungen wie die Erklärbarkeit von KI-Modellen und die Bereitstellung von «KI-gerechten» Daten seien anzupacken.

 

Die komplexen Chancen und Herausforderungen von KI zur Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels wurde anschliessend in Breakout-Sessions diskutiert. In den kommenden Monaten wird das Projekt-Team die erarbeiteten Empfehlungen weiter vertiefen und in Form des Whitepapers und eines Factsheets veröffentlichen.

Bis dahin heisst es: Man darf gespannt sein auf die Resultate! Bleiben Sie informiert – hier im SATW-Blog.