Der zweite Netzwerkanlass für Mitgliedergesellschaften wurde von SATW Vorstandsmitglied Prof. René Hüsler eröffnet und moderiert. Die grosse Zahl von Besucher:innen bestätige sowohl das Interesse der Mitgliedsgesellschaften als auch der SATW, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch untereinander zu stärken, so Hüsler. Eine kurze Vorstellung der Anwesenden diente dazu, Interessen aufzuzeigen, Interessen aufzuzeigen, insbesondere für SATW-Themenplattformen und die Unterstützung des technisch interessierten Nachwuchses.
Edith Schnapper, Leiterin Nachwuchsförderung SATW, analysierte zum Auftakt die Grosswetterlage der Schweizer Jugend und des MINT-Nachwuchses. Gemäss der neuen Pisa-Studie schneiden die Jugendlichen hierzulande immer noch recht gut ab. Die Mathematik-Kompetenzen sind zwar leicht gesunken, die Kenntnisse in Naturwissenschaften aber gestiegen. Trotzdem gibt es keine Entwarnung. Es gilt nach wie vor, Kinder und Jugendliche in ihren Technikkompetenzen zu stärken – schliesslich sind sie die zukünftigen Bürger:innen. Auch die neue Seco-Studie setzt auf MINT-Förderung gegen den Mangel an ICT Spezialist:innen, Elektriker:innen, Elektroniker:innen, Metallarbeiter:innen, Bau- und Ausbaufachkräften.
In der Schweiz zeigen Mädchen und Buben bis zum Alter von 11 oder 12 Jahren gleich grosses Interesse an Technik, Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik. In der Oberstufe wählen dann aber viel weniger Mädchen eine MINT-Ausbildung. Einerseits, weil sich (Berufs-)Stereotypen herauskristallisieren. Andererseits, weil Mädchen ihre MINT-Kompetenzen oft falsch einschätzen, wenn die entsprechenden Rollenmodelle, inspirierende Vorbilder und Unterstützer:innen im Umfeld fehlen. Es lohnt sich deshalb, Kinder früh an MINT-Themen heranzuführen, sie in der Schule und ausserhalb für Technik zu begeistern, Klischees zu durchbrechen und Berührungsängste abzubauen. Diverse Initiativen der SATW und ihrer Mitgliedsgesellschaften setzen hier an, wie das Jugendlabor «jetz», das Schülerprogramm «IngCH», das ProAero Jugendlager, oder das «New Generation Network» von Electrosuisse.
Die Förderangebote der SATW richten sich mehrheitlich an beide Geschlechter, so z.B. bei den etablierten, schweizweiten TecDays und den neuen Go4IT-Anlässen. Das Programm Swiss TecLadies adressiert insbesondere junge Frauen. Sie erhalten eine Mentorin aus dem Berufsleben zur Seite, die auch als mögliches Rollenmodell dient. Dieses Jahr findet bereits der vierte Durchgang des Mentoring-Programms statt, welches in der Schweiz einzigartig ist. Mit Tech-Workshops, Persönlichkeitsstärkungs-Coachings, Betriebsbesichtigungen und vielem mehr werden talentierte, interessierte junge Frauen gezielt gefördert. Damit wird das Engagement der SATW von der Information (z.B. Technoscope) über die Koordination (TecDays, Go4IT) bis ins Studium und ins Berufsleben skaliert. In der Berufsorientierungsphase werden auch Realschüler:innen angesprochen, wobei keine falschen Erwartungen, sondern realistische Perspektiven im Vordergrund stehen. Weil das Umfeld viel Einfluss auf die Berufswahl hat, unterstützt die SATW auch Initiativen, die auf Lehrkräfte, Firmen, Vereine, Erziehungsberechtigte und andere abzielen. Mit der Plattform Educamint.ch ermöglicht die SATW z.B. den Zugang zu über 1000 MINT-Angeboten für Schule und Freizeit in der ganzen Schweiz.
Aus dem neusten Technology Outlook der SATW, welcher am Anlass vorgestellt wurde, hatte sich das Organisationsteam ein spezielles Thema zur Vertiefung ausgesucht: Was sind und wie funktionieren Quanten-Computer (QC)? Physiker und Vorstandsmitglied SATW Prof. Peter Seitz gelang es mit Bravour, darauf eine anschauliche und verständliche Antwort zu geben. Die Technologie steckt in den Kinderschuhen und niemand weiss, welche Ansätze die erfolgversprechendsten sein werden. PCs und Smartphones werden durch QCs jedenfalls nicht ersetzt werden, stellte Peter Seitz klar, aber für bestimmte Bereiche werden sich beide ergänzen. Die potenzielle Rechen-Power von QCs ist so spektakulär, dass derzeit weltweit Milliarden in ihre Entwicklung fliessen.
Doch warum der Hype? Die besten herkömmlichen Rechner-Chips stossen mit ihren wenige Nanometer breiten Halbleiterbahnen schon bald an ihre physikalischen Grenzen. Der nächste Schritt: man rechnet man mit kleinsten Teilchen (sog. Quanten), d.h. Photonen und Elektronen. Allerdings gelten in Quantenräumen kuriose Gesetze: Zum Beispiel kann ein Bit eines herkömmlichen Halbleiter-Schaltkreises nur 2 Zustände haben (0 und 1) und Rechenoperationen werden immer sequentiell vorgenommen. Ein Quanten-Bit (QuBit) hingegen kann gleichzeitig die Werte 0 und 1 und unendlich viele Werte dazwischen einnehmen. Verschränkte QuBit-Systeme in zukünftigen Quantencomputern (s. unten) können eine riesige Zahl von Rechenoperationen simultan durchführen, und sie können so spezialisierte Algorithmen viel effizienter als herkömmliche Computer abarbeiten. Die Wissenschaft, Regierungen und weitere Organisationen sehen hier grosse Chancen: Damit könnten schwierigste, aber praktisch bedeutungsvolle Probleme statt mit “normalen” Computern innert Jahren dank QC innert wenigen Stunden geknackt werden.
Die Sache hat nur einen Haken, beziehungsweise mehrere: Die Resultate eines Quantencomputers sind nicht präzise Zahlen, sondern sie müssen aufwendig aus statistischen Ergebnissen von vielen Quantenrechnungen aggregiert werden. Zudem funktioniert das Ganze in den meisten Quantencomputer-Typen nur bei einer ultratiefen Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt (0 Grad Kelvin oder rund –273 Grad Celsius). Entsprechend gross ist der Kühlaufwand noch. Doch damit nicht genug: Es gibt Quantenpaare, die auch über astronomische Entfernungen hinweg wie mit einem unsichtbaren Band verknüpft sind. Diesen verrückten Effekt der «Verschränkung», der heute die zentrale Eigenschaft von Quantencomputern ist, konnte selbst Albert Einstein nicht begreifen – ein kleiner Trost für Normalsterbliche. Die Quanten-Verschränkung wurde erst 2015 bewiesen und 2022 mit dem Nobelpreis gekrönt.
Und der “Quantensprung”? Der wird in der Alltagssprache völlig falsch im Sinn von “sehr grosse Veränderung” verwendet. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine energetisch winzige Veränderung im Inneren von Atomen. Man könnte den Quantensprung sogar als die allerkleinste Veränderung bezeichnen, welche die Natur überhaupt zulässt.
Neben der Theorie zeigte Prof Dr. Peter Seitz QC-Anwendungsgebiete wie absolut sichere Quantenkommunikation , Optimierungen in Logistik, Finanzen, Verkehrssteuerung und personalisierte Medizin. Vermutlich die grösste Bedeutung werden die Quantencomputer in der Berechnung von Quantenvorgängen selbst haben: Pharmazeutische und chemische Produkte können effizient simuliert und ihre therapeutische Wirksamkeit zuverlässig vorausgesagt werden. Der anschliessende Meinungsaustausch spiegelte das grosse Interesse für die präsentierten Themen und Initiativen. Einstimmiger Tenor: Die Diskussion bezüglich gemeinsamer Kanäle, best practices und Förderansätzen soll intensiviert werden. Wir danken allen Teilnehmenden und freuen uns auf den nächsten Netzwerkanlass!