Das Wasserstoffforum der SATW bot einen vielschichtigen Überblick zum Stand der technologischen Entwicklungen, Anwendungen und Strategien der Industrie bezüglich Wasserstoff und synthetischen Energieträgern. Moderiert und konzipiert wurde das Forum von den SATW-Experten Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos und Dr. Bernhard Braunecker. Knapp 40 Teilnehmende aus Industrie, Verbänden, Verwaltung und Forschung nutzten den Anlass zum themenspezifischen Austausch und zur Vernetzung. Die vermittelten Informationen und Einschätzungen werden auch in ein SATW-Faktenblatt zum Thema Wasserstoff einfliessen.
Dr. Ulrich Claessen, Präsident des Industriebeirates der SATW, stellte in seiner Einführung die Bedeutung des Themas für verschiedene Bereiche vor Augen.
In der folgenden Keynote erläuterte Dr. Michael Krüger (Robert Bosch GmbH) die zukünftige Nutzung von grünen Treibstoffen in Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Der Hersteller konzentriert sich bewusst auf diesen Fahrzeugsektor, weil bei Personenwagen der Umstieg auf elektrische Antriebe im Vordergrund steht. Durch die Optimierung von konventionellen Dieselmotoren mit verbesserter Technik und -Steuerung und gekoppelter Abgasbehandlung (Katalysatoren) erfüllen die Luftschadstoff-Emissionen dieser Nutzfahrzeuge anspruchsvolle Abgasnormen wie Euro 7 und CARB Low Nox.
Für eine deutliche Reduktion der klimarelevanten Kohlendioxid (CO2)-Emissionen ist jedoch ein Umstieg auf einen erneuerbaren Treibstoff wie Wasserstoff oder E-Fuels nötig. Mit den Technologien, welche Bosch aktuell erprobt, können Nutzfahrzeuge mit Wasserstoff-Verbrennungsmotoren zukünftig insgesamt sehr emissionsarm fahren. Ob der Einsatz von Wasserstoff auch wirtschaftlich sinnvoll sein wird, hänge stark vom jeweiligen Anwendungsfall und der Nutzungsintensität der Fahrzeuge ab.
Prof. Dr. Andreas Züttel (EPFL/SATW) gab einen Überblick zur Rolle von Wasserstoff in der Energiewende, insbesondere als Speichermedium für die mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien stärker fluktuierende Stromproduktion. Gerade die notwendige saisonale Speicherung sei allein mit Batterien nicht umsetzbar. Grosse Herausforderungen – und Kostentreiber – stellen die bedeutenden Energieverluste bei der Umwandlung von Strom in speicherbaren Wasserstoff (mittels Elektrolyse) und zurück in nutzbare Energie sowie die Konstruktion von sicheren Transport- und Speicherinfrastrukturen.
Synthetische Treibstoffe für die Schifffahrt war das Thema der Präsentation von Dr. German Weisser (WinGD). Das Schweizer Unternehmen WinGD ist aus Sulzer hervorgegangen, gehört heute weltweit zu den Marktführern bei Verbrennungsmotoren für grosse Handelsschiffe und entwickelt diese für synthetische Treibstoffe weiter. Die internationale Schifffahrt verursacht heute über 2 Prozent der globalen anthropogenen CO2-Emissionen und WinGD könnte mit ihren Produkten schätzungsweise die Hälfte davon beeinflussen – das wäre rund das 10-Fache der inländischen Emissionen der Schweiz! In der Hochseeschifffahrt wird Wasserstoff als Treibstoff in absehbarer Zukunft keine bedeutende Rolle spielen und es wird sich eher ein Mix von verschiedenen flüssigen synthetischen Energieträgern durchsetzen, so der Referent.
Dr. Philipp Dietrich (H2 Energy AG) ging auf die Dekarbonisierung des Energiesystems mit erneuerbarem Wasserstoff ein und präsentierte das Projekt einer grossen Wasserstoff-Produktionsanlage in Dänemark. Aus einem Pilotprojekt mit wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Lastwagen konnte er die Erfahrung teilen, dass deren Energieverbrauch pro transportierte Nutzlast und Strecke weniger als 10 Prozent höher ausfiel als mit einem Batterie-elektrisch betriebenen Lastwagen und somit eine gute Alternative darstelle. Das kurz vor dem Umsetzungsentscheid stehende Projekt für die Wasserstoffproduktion in Dänemark beeindruckt mit seiner Grösse: der Strombezug (welcher aus Windkraft bereitgestellt werden soll) entspricht der Leistung des Schweizer Kernkraftwerks in Gösgen.
Abschliessend erläuterte Dr. Andrea Ciani (Ansaldo Energia Switzerland AG), wie Gasturbinen für die Stromproduktion, die heute mit Erdgas betrieben werden, für den Betrieb mit Wasserstoff als Brennstoff weiterentwickelt werden. Die erfolgreichen Tests lassen erwarten, dass die Systeme bis 2030 Marktreife erlangen werden.
Die Beispiele aus der Industrie zeigen, dass Lösungen zur Nutzung von Wasserstoff in der Mobilität und Energiespeicherung weit fortgeschritten sind und bald einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten können. Schweizer Unternehmen spielen dabei eine relevante Rolle. Wie Wasserstoff sich in der zukünftigen Energieversorgung der Schweiz insgesamt durchsetzen wird und wie die Schweiz dabei mit Europa und dem internationalen Markt zusammenarbeiten wird, hängt auch von diversen wirtschaftlichen und politischen Faktoren ab, die sich heute noch nicht abschliessend beurteilen lassen.
eFuels in Internal Combustion Engines (ICE) for Commercial Vehicles - State of Art and Future Perspectives
Die Rolle des Wasserstoffs in der Energiewende
Synthetic Fuels for International Shipping
Decarbonisation with renewable H2-production - Case study of a 1000 MW plant
Hydrogen gas turbines for power generation